Während wir heute auf unsere iPhones mit Retina-Display starren, um die neuesten VX1000-Videos zu schauen, die so aussehen, als hätte jemand den Filmstreifen mit ’nem rostigen Unkrautjäter bearbeitet, dann stellen wir uns die Frage, ob sich die Geschichte nicht doch wiederholt. Es mag sich so anfühlen, als wäre die absichtlich schlechte Videoästhetik schon ein alter Hut, der seinen Reiz in Zeiten von iPhone-Apps verloren hat, die jedes 1080p-Video – inklusive Bandsalat, Dreck und Überbelichtung – künstlich auf 240p runterrechnen können. Und obwohl gefühlt jedes Brand in der Industrie diese Ästhetik anwendet, um sich den Anstrich unverfälschten Street-Skatens zu geben, gibt es eine Marke, die so dermaßen in den späten 90ern und frühen 2000ern hängengeblieben ist, dass wir gar nicht anders können, als sie zu lieben. Wir sprechen natürlich von BRONZE 56k, dem anachronistischen Geistesprodukt von NYC-Local Peter Sidlauskas.
BRONZE gehört zu den wenigen Brands, die sich ohne Kompromisse einer Zeit verschrieben haben, als das Internet und Skateboarding gleichermaßen weitgehend rechtsfreie, ungeregelte und potenziell gefährliche Räume waren, in denen sich Banditen, Gesetzlose und Freaks tummelten – Orte, an denen man alles finden konnte und der Appetit für verrückten Kram nur von der miesen 56k-Verbindung, beziehungsweise von der eigenen finanziellen Situation gedrosselt wurde. Sidlauskas selbst gibt offen zu, dass er maßgeblich von den Dingen beeinflusst wurde, den er online so finden konnte: Pornos, Skatevideos und anderer seltsamer Kram. Die ganze Interneterfahrung wurde damals von der trockenen Ästhetik von Microsofts Betriebssystemen Windows 95 und 98 verdichtet: daher BRONZEs offensichtlicher Diebstahl des Windows-Logos. Skateboarding war ebenfalls kein Zuckerschlecken: Diesen ganzen hochtechnischen Performance-Krempel, den man heute kaufen kann, gab es einfach noch nicht und man musste sich mit beschissenem Equipment begnügen. Wenn du damals jemandem gesagt hättest, dass Skateboarding irgendwann mal eine olympische Disziplin wird, hätte man dich in ’ne Zwangsjacke gesteckt und dich einer Lobotomie unterzogen.
Jedenfalls lebt der ungezähmte Geist des Pre-Millennium-Skateboardings mit der Ästhetik von BRONZE 56k weiter. „Solo Jazz“, das erste BRONZE-Video, beginnt sogar mit der Anweisung, man möge die Bildqualität auf 240p einstellen, um das beste „Film-Erlebnis“ zu genießen. Es folgt eine Montage wilden NYC-Street-Skatens begleitet von Seapunk und VaporWave, die sich anfühlt, als wäre man in eine Zeitmaschine gestolpert und hätte den Regler auf 1998 eingestellt. Man kann die ganzen Neunziger-Referenzen – inklusive der Hommage des PS1-Logos und kitschigen PowerPoint-Animationen – natürlich als Nostalgie abtun. Aber das wäre zu kurz gegriffen. Sidlauskas BRONZE 56k steht ganz im Zeichen der Freiheit, die Skateboarding in den späten 90ern und frühen 2000ern ausmachte. Die technologischen Beschränkungen und das Fehlen institutionalisierter Skateparks war ein kreativer Stachel für jeden Skater: Man konnte nicht einfach zum neuesten Skateplaza gehen und mit dem iPhone mal eben einen zweiminütigen YouTube-Clip drehen. Natürlich ist Skateboarding heute vor allem bequem: Man kann einfach zu einem der vielen Skateparks fahren, die nun dank der erhöhten Beliebtheit von Skateboarding nur so aus dem Boden sprießen. Man kann in jedes Einkaufszentrum reinspazieren, um sich die neuesten High-Performance-Schuhe zu kaufen. Aber gleichzeitig praktiziert man Skateboarding dann genau so, wie die Industrie es will. BRONZE 56k dagegen erinnert uns an die Wildheit von Skateboarding. Es erinnert uns daran, dass selbst in Zeiten des totalen Ausverkaufs es einen unzähmbaren Rest gibt, der sich gegen den ganzen Hochglanz und die Gleichschaltung wehrt. Also, steig’ in die BRONZE 56ks Zeitmaschine und los geht’s.